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Das Ideal

Das Ideal

Erzählungen | Hans Adler

Buch
2011 Lilienfeld Verlag
Auflage: 1. Auflage
160 Seiten; 18 cm x 10.5 cm
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-940357-18-2

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Hauptbeschreibung
1921 gewann eine traurig-realistische Liebesnovelle mit dem Titel „Villa Paradiso“ das „1000-Mark-Preisauschreiben“ der Zeitschrift „Die Initiale“. Autor war der als Verfasser von satirischen Gedichten bekannte Hans Adler; in der Jury saß unter anderem Stefan Zweig. Diese Novelle wurde 1922 dann auch zu Hans Adlers erster Prosaveröffentlichung, 1926 folgte hierauf lediglich noch der glänzende Roman „Das Städtchen“ (Lilienfeldiana Band 6), und vereinzelt erschienen Texte in Zeitungen, zum Teil unter Pseudonymen. Im Nachlaß sind diese verstreuten Erzählungen sowie Unveröffentlichtes bewahrt worden: Es sind Schätze an ironischer Weltbetrachtung, die nicht versteckt bleiben sollten.

Kurztext / Annotation
Lästige Freundinnen, gefühlsübermannte Beamte, die Rettung von Witwenrenten und vergebliche Sehnsucht: Auch in seinen Erzählungen erweist sich Hans Adler als ein spezieller Meister humaner Melancholie und scharfzüngiger Satire.

Hans Adler, 1880 in Wien geboren, war bis zu seinem 35. Lebensjahr als Jurist tätig, begann aber schon als Schüler Gedichte für den „Simplicissimus“ zu schreiben, die Kurt Tucholsky begeistert für eine Buchausgabe empfahl („Affentheater“, 1920). Nach seiner Frühpensionierung aus Krankheitsgründen begann er als freier Schriftsteller zu arbeiten – besonders erfolgreich schließlich als Filmautor sowie als Librettist unter anderem für Operetten von Nico Dostal und ein Werk von Richard Strauß („Des Esels Schatten“, 1949). 1926 erschien sein einziger Roman „Das Städtchen“, der 1927 sofort den Künstlerpreis der Stadt Wien erhielt. Ab den dreißiger Jahren bis zum Ende des Krieges war Hans Adler nur aufgrund seines Nachnamens mehrfach antisemitischen Diffamierungen ausgesetzt. 1957 starb er in Wien an den Folgen eines Autounfalls.

Dr. Ferdinand Nuttinger kam jeden Tag pünktlich um neun Uhr ins Büro und arbeitete langsam, aber fast ohne Unterbrechung bis Schlag vier Uhr. Ohne von Haus aus fleißig zu sein oder für seine Beschäftigung ein besonderes Interesse zu haben, hatte er sich mit der Zeit so an seinen Dienst gewöhnt, daß er völlig in ihm aufging. Das Gefühl der absoluten Wichtigkeit seines beschränkten Wirkungskreises hatte ihn allmählich mit einem Mantel von Selbstzufriedenheit und Überlegenheit gegen alle anderen Menschenklassen umwoben, wie man das in Beamtenkreisen, besonders bei erblich belasteten Individuen, deren Vorfahren auch schon Staatsbeamte gewesen sind, häufig genug beobachten kann.
Sein Leben außerhalb der Amtsstuben war für ihn eigentlich nur eine zwecklose Pause, die er zur Not mit Essen, Biertrinken und Schlafen ausfüllte. Seine wenigen Gedanken bewegten sich mit mäßiger Geschwindigkeit in den ausgefahrenen Bahnen eines gutgenährten Gewohnheitsmenschen. Seelische
Emotionen kannte er nur aus Polizeirelationen und aus einigen Operetten, von denen er übrigens, wie von der Literatur überhaupt, nicht viel hielt. Dagegen hatte er eine kleine Monographie „Über die teilweise Veränderung der Verordnung von 1876 betreffend die verkehrspolizeilichen Vorschriften beim Transporte von Leichen auf öffentlichen Überfuhren“ verfaßt, die in Fachkreisen einige Anerkennung gefunden hatte und auf die er nicht wenig stolz war.
Von den Frauen wußte er, daß die schönsten in der Regel auch die teuersten sind, und hatte sich mit seinen vierzig Jahren ihnen gegenüber jene lebensgefährliche theoretische Überlegenheit bewahrt, die eine Folge der vollständigen Unkenntnis des Wesens dieser süßen und komplizierten Geschöpfe darstellt. „Mich kriegt keine dran, mich nicht“, pflegte er zu sagen.